Volles Programm

Irgendwann mitten in der Nacht tat es einen Riesenschlag und die Ketten rasselten laut polternd. Es stellte sich heraus, dass lediglich der Anker runtergelassen wurde. Nachts wird wohl in der Regel nicht gefahren sondern geankert. Beruhigt schliefen wir wieder ein. Um kurz vor 6 Uhr morgens tapste ich auf dem massiven Holzboden ins Bad und war fest davon überzeugt, dass ich die Sonne ganz alleine aufgehen lassen würde.

Ab 6 Uhr gibt es nämlich jeden Morgen, passend zum Tagesgeschehen einen Early Risers Coffee auf dem Sonnendeck. Herr C. wollte sich das natürlich nicht entgehen lassen. Er öffnete die Fenster und wir fuhren bereits wieder weiter. Draußen zog eine atemberaubende Landschaft vorbei und der Himmel war bunt gefärbt. Unmöglich das zu verpassen. Also rieb ich mir eilig den Sand aus den Augen und wir bekamen einen der dramatischsten Sonnenaufgänge präsentiert, die wir seit langem gesehen haben. Wahnsinn!

Draußen auf dem Land begann langsam der Tag. Wir waren noch gar nicht weit von der Hauptstadt entfernt und so sah man immer noch viele Häuser und geschäftige Menschen auf ihren fahrbaren Untersätzen.

Um 7 Uhr gab es bereits Frühstück und wir unterhielten uns nett mit einem Paar aus Schweden. An Bord sind tatsächlich nur 27 Gäste. Diese kommen vornehmlich aus dem Vereinigten Königreich, außerdem aus Frankreich, Schweden, Australien und Neuseeland … und wir natürlich. Wie immer auf solchen Fahrten, gehören wir nicht zu den ältesten an Bord. Ich würde mich sogar so weit aus dem Fenster lehnen, zu behaupten, wir sind die jüngsten Gäste ;-)

Gegen 8.30 Uhr legte das Boot am Ufer an und es stand ein Besuch in einem kleinen Dorf namens Prek Adam an, welches durch seine Silberschmiedekunst bekannt ist. Wir haben uns einen kleinen Familienbetrieb angeschaut und bekamen einiges darüber erklärt. Vor allem wir man echtes Silber von einer einfachen Legierung unterscheidet.

Weiter ging es durch das kleine Dorf mit seinen unbefestigten Straßen und einfachen Behausungen. Es war toll durch das rurale Leben zu schlendern und einzutauchen in diese für uns vollkommen fremde Welt. Begegnet sind uns viele freundliche Gesichter und das einfache Leben drumherum. Immer wieder stoppten wir und schauten uns um. Die Kinder liefen auf uns zu und haben uns wiederholt auf englisch gefragt, wie wir heißen, wie alt wir sind und so weiter … unser Tourguide der dieses mal nicht Herr Müller heißt, sondern Mr. Somtang, erklärte uns, dass diese Kinder schon sehr früh in der Schule englisch lernen, und einen Riesenspass dabei haben, ihr Können an den Touristen auszuprobieren.

Am Ende des Dorfes stiegen wir in einen wunderbar bunt ausgestatteten Bus und fuhren etwas landeinwärts … dabei erklärte uns Mr. Som, wie er einen Discount von 500 Dollar für seine Frau bei deren Familie ergattert hat, als er beschlossen hatte, sie zu heiraten. Dabei hat er so charmant gelacht, dass einem ganz warm ums Herz wurde.

Ca. 20 Minuten später erreichten wir unser nächstes Ziel. Nachdem wir alle kurz den Happy Place (so nennt ihn unser Guide ;-) aufgesucht haben, stand schon eine ganze Gruppe von Ochsenkarren vor uns. Wir sollten nämlich darin wieder zurück zum Schiff reisen. Nun gut. Man macht ja alles mit und so bestiegen wir mutig einen der vorderen Zweiergespanne und es folgte eine holprige Fahrt entlang der zahlreichen Reisfelder und palmengesäumten Wege zurück zum Boot. Es war eine lustige Erfahrung und man konnte sehr langsam und behutsam die schöne kambodschanische Landschaft wahrnehmen.

Zurück an Bord sollten wir unsere Schuhe abgeben. Auf einem Schiff herrscht ja immer eine große hygienische Vorsorge. Wir bekamen also außerdem den üblichen Spritzer Desinfektionsmittel auf die Hände … außerdem ein kühles Erfrischungstuch, unseren Zimmerschlüssel und ein leckeres Getränk. Man wird hier wirklich umsorgt … da bleiben keine Wünsche offen. Kaum 10 Minuten später standen die zuvor schlammverdreckten Schuhe auch schon wieder frischgeputzt vor unseren Kabinen.

Nach dem Lunch musste ich mich erst mal hinlegen. Es war einfach Zeit für ein Nickerchen.

Nachmittags hatte man das Gefühl, die Luft hat sich komplett verändert. Sie war zum Schneiden dick. Und als wir uns um 3 zu unserem Nachmittagslandgang aufmachten, hatte ich für kurze Zeit das panische Gefühl, keine Luft mehr zu kriegen. Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass uns allen die Schweißperlen auf der Haut standen. Aber das Programm war so vielversprechend, dass ich dies um keinen Preis verpassen wollte. So hat mir ein sich sorgender Herr C. einen Sonnenschirm besorgt und mir regelmäßig die Wasserflasche hingehalten, während ich in vollster Begeisterung unseren Besuch in der Seidenfarm aufgesaugt habe. Das war einfach fantastisch. Wir sahen erneut einen kleinen Familienbetrieb, indem wirklich jedes Mitglied der Familie auf irgendeine Weise in die Produktion der feinen Seidentücher eingespannt war. Von der Larve, zur Raupe … dem Verpuppungsvorgang im Maulbeerstrauch, bis zur Ernte und dem vorbereiten der Fasern, dem Spinnen, Kochen und Färben der fertigen Seide. Es war fantastisch. Alleine das Bespannen des Webstuhl für die kleinteiligen Muster dauert ca. 8-10 Tage. Das eigentlich Weben nochmal genau so lang. Ich war wirklich sehr beeindruckt von dieser alten Handwerkskunst.

Auf dem Schiff gab es anschließend wieder das gleiche rundum sorglos Paket und frischgeduscht konnten wir bei dramatischem Sonnenuntergang die abendliche Cocktailstunde genießen. Beim Abendessen allerdings, hatte ich meine Mühe, mich wachzuhalten. Ein voller Tag mit so vielen neuen Eindrücken. Mir gehen langsam die Worte aus, um angemessene Beschreibungen zu finden. Aber ein paar müssen es noch sein, denn morgen (also eigentlich heute) wird nochmal eine Schippe draufgelegt.

Und mit diesem kleinen Cliffhanger verabschiede ich mich für heute. Gerade hat es gegongt und jetzt wird das Abendessen auf dem Hauptdeck gereicht.

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