Beim Frühstück am Dienstag morgen fachsimpelten wir eine ganze Weile über die örtlichen Gerüstbaubestimmungen. In etwas Entfernung konnte man nämlich den Baufortschritt eines bislang ca. 10 Stockwerke hohen Stahlbetonskelettbaus beobachten. Außen am Gebäude befand sich eine Art Baugerüst. Zumindest war es eine Konstruktion aus Metallrohren, die jeweils an den Kreuzungspunkten verbunden waren. Bretter zum darauf laufen? Fehlanzeige. Es gibt eine kleine Öffnung in der Wand, durch das schwingt sich der Arbeiter auf das Gestänge. Erst dann halt er seine Sicherung ein. Wirklich nichts für schwache Nerven.
Nachdem wir uns für den Tag gestärkt haben, gingen wir nochmal kurz vor zum Zentralmarkt. Einem sternenförmig angelegten Gebäude im Art Deco Stil, unter dessen Dach es nichts gibt, was es nicht gibt. Ein großes buntes Kaufhaus mit bunten Waren, von Uhren und Schmuck, über Kleidung und Haushaltswaren, Stoffe und Kurzwaren bis hin zum reichhaltigen Nahrungsangebot … natürlich durften auch hier die Krabbeltiere nicht fehlen. So sehr ich mir vorgenommen habe, diese mal zumindest ein kleines Käfertier zu probieren, es ging einfach nicht. Zu groß war der Ekel. Ich hoffe wir haben noch ein paar Jahre Schonfrist, bevor wir uns zwangsweise am Käferangebot bedienen müssen.
Gegen Mittag war es Zeit aus dem Hotel auszuchecken. Also wurden die Habseligkeiten wieder alle verpackt … und während ich unten im Coffeeshop noch ein bisschen Erholungsarbeit geleistet habe, hat Herr C. schon mal die Lage des Schiffsanlegers überprüft.
Um zwei war es endlich soweit. Wir haben uns standesgemäß mit dem Tuk Tuk runter zum Fluss fahren lassen und erreichten so den eigentlichen Auslöser der Reise nach Kambodscha: die RV Pandaw … ein Flusskreuzfahrtschiff im Kolonialstil mit 24 Kabinen an Bord. Wir wurden freundlich empfangen und als der Stewart uns unsere Kabine gezeigt hat, sind mir erstmal wieder ein paar Tränchen gekullert. So überwältigt war ich. Es ist ist einfach wunderschön … und friedlich. Zeit für Erholung. Wie wir erfuhren, sollte das Schiff erst am Abend um 11 Uhr ablegen … außerdem waren wir die einzigen Gäste, die in Phnom Penh zustiegen. Alle anderen waren schon seit 3 Tagen an Bord und sind in Saigon gestartet. Es war leer, denn die Gruppe befand sich noch auf Besichtigungstour zu den Killing Fields. Einen Punkt, den man sich als Kambodscha Besucher eigentlich nicht entgehen lassen sollte.
Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer ist ein sehr bedrückendes Kapitel der jüngeren Geschichte hier und es wäre sicher spannend gewesen, noch mehr darüber zu erfahren. Seit wir hier sind, haben wir uns sehr in das Thema eingelesen. Nach Schätzungen wurden zwei Millionen Menschen auf abscheuliche Weise ermordet. Pol Pot hatte die wahnwitzige Idee einen kommunistischen Bauernstaat zu erschaffen. Das Ziel seines Terrors waren vor allem gebildete Menschen … und deren Kinder. Es war willkürlich und radikal. Erst 1979 fand das Morden ein Ende. Man sollte meinen, Menschen wären lernfähig und würden sich heutzutage nicht mehr von großen Rednern beeindrucken lassen, die einem wirtschaftlichen Wohlstand für alle versprechen und auf dem Weg zur Macht all jene bestrafen, die sich gegen das System auflehnen. Aber schaut man sich heute um … nein leider sind sie es nicht.
Jetzt bin ich irgendwie ins Faseln gekommen. Ein nachdenklicher Exkurs. Aber auch das gehört zum Reisen.
Während es also auf dem Schiff noch ruhig war, habe ich mich erst mal zu einem nachmittäglichen Nickerchen in die klimatisierte Kabine verzogen. Gegen Abend trafen die anderen Passagiere ein und es gab einen Cocktail auf dem Oberdeck, begleitet von kambodschanischen Klängen und einer Showeinlage mit traditionell gekleideten Tänzern, sowie einem typischen Puppenspiel mit Papierfiguren, welche vor einer Schattenwand einheimische Märchen erzählen.
Solche „Heimatabende“ … und dann noch auf dem Boot … ein bisschen komisch ist das ja trotz allem immer noch. Man hat irgendwie das Gefühl, Sascha Hehn kommt gleich mit einer illuminierten Eistorte um die Ecke ;-)
Im Dining Room wurde anschließend ein äußerst schmackhaftes Viergangmenü serviert. Gefolgt von einem kurzen Landgang inklusive einer einstündigen Fussmassage, zu der ich dieses Mal sogar Herrn C. überreden konnte.
Gegen halb elf waren wir wieder zurück an Bord und beobachteten, wie das Schiff pünktlich um elf in den Fluss stach …