Frösteln in Ooty

Mittlerweile ist es Montag Abend, 10 vor 8, und wir liegen bereits im Bett. Kai meinte gerade wir seien alt geworden ;-) Zu meiner Verteidigung muss ich nochmals erwähnen, dass ich seeeehr krank bin 😉

Da wir heute nicht so viel unternommen haben, dachte ich, ich schreibe mal ueber ein paar kulturelle Unterschiede, die mir bisher so aufgefallen sind.

1. Wenn man ja sagt, dann nickt man den Kopf nicht wie bei uns, sondern wiegt ihn hin und her. So als wuerde man bei uns etwas abwägen. Das ist deswegen ulkig, weil ich schon ein paar Mal darauf herein gefallen bin. Zum Beispiel gestern Abend, als ich nach einer zweiten Wolldecke fragte, da sagte der Herr an der Rezeption zwar ja, schüttelte aber den Kopf. Das hat mich verwirrt 😉

2. Toilettenpapier ist praktisch nicht vorhanden, ausser in einigen Hotels oder am Flughafen. Ansonsten hat das indische Örtchen eine Handbrause. Wenn es die auch nicht gibt, dann gibt es einen Eimer mit Wasser und eine Schöpfkelle. Muss man sich dran gewöhnen, aber danach fühlt man sich wie frisch gewickelt und gepudert 😉 Daher mein Fazit: so eine Popodusche koennte ich mir zuhause auch vorstellen. Der Hesse würde sagen: Des is e fei Sach!

3. In direkter Verbindung steht die Nahrungsaufnahme, denn man isst vorwiegend mit der Hand, alles, auch den körnigen Basmatireis. Zum Essen nutzt man die rechte Hand. Hier erschließt sich der direkte Zusammenhang mit Punkt zwei, denn gewischt wird mit links 😉

Bin dennoch ganz froh, dass es fuer uns ausländische Touristen wenigstens noch einen Löffel gibt.

Vielleicht fallen mir noch ein paar Punkte ein, diese aber dann in einem anderen Beitrag.

Wir sind heute um zwei dann doch noch mal los, unser Fahrer hat uns noch ein bisschen durch den kleinen Bergort Ooty kutschiert. Eigentlich wäre heute ein Besuch im Nachbarort Coonoor auf dem Programm gewesen, aber da es schon spaeter war, gab es ein improvisiertes Alternativprogramm. So wurden wir zu einer kleinen Tee- und Schokolafenfabrik gebracht. Das war ganz nett, wir bekamen sehr leckere Schokolade zum Probieren und verschiedene Teesorten. Mein Favorit, der Masala Tee mit diversen indischen Gewürzen. Natuerlich gab es auch dort wieder einen Verkaufsraum und wir nahmen etwas von dem leckeren Tee mit. Ebenso gab es diverse abgepackte Gewürze, und so wanderten noch Zimtstangen, Sternanis, Kardamom und Muskatblüte ins Gepäck. Mein Ziel ist es, daraus das Gewürz für den diesjährigen Weihnachtsstollen herzustellen. Da bin ich mal sehr gespannt, ob ich das hinkriege.

Bandipur National Park

Schon bei der Planung der Reise wussten wir, dass wir durch den Bandipur National Park fahren werden. Bekannt ist er vor allem dafuer, dass dort noch Tiger beheimatet sind. Angeblich lebt dort die zweithöchste Population von ganz Indien. Viele gibt es von diesen wunderschönen Tieren leider nicht mehr.

Seit der Reise in den Süden Afrikas bin ich fasziniert davon, solche Tiere in freier Natur bewundern zu koennen. Habe ich mir doch fuer diesen Zweck extra ein Teleobjektiv zugelegt.

Leider gab es keine Möglichkeit, eine der „echten“ Safaris zu buchen, diese finden naturgemäß zum Sonnenauf- oder Untergang statt. Wir mussten aber ohnehin durchfahren und so waren wir in der Lage einige Tiere zu entdecken. Tiger habe ich zwar keine gesehen, aber dafuer einen echten Leoparden, der hinter einem Stein hervorlugte. Ich war so happy ueber diesen Moment. Einige Elefanten konnten wir sehen, ganz viele wunderschöne Bambis (stehen sicher ganz oben auf der Speisekarte der Grosskatzen) sowie natuerlich die unvermeidlichen Affen, Pfaue und dieses wirklich zauberhafte Geschöpf, welches nach meiner Recherche ein Könogsriesenhörnchen sein muss.

Auf der Weiterfahrt ging es dann hoch in die Berge. Unser nächstes Ziel sollte Ooty sein. Der Fahrer raste die Serpentinen nach oben und ich hatte bis dahin nicht geahnt, dass man in Haarnadelkurven überholen kann.

Mittlerweile setzte ein bisschen die Erschöpfung ein, die Erkältung hat mich voll und ganz erwischt. Ich war froh, dass wir unser Hotel erreichten. Wir hatten jedoch nicht damit gerechnet, dass es hier oben derart kalt und feucht sein wuerde. Aber was hilft es. Es gab gottseidank eine Wolldecke im Zimmer und sicherheitshalber habe ich noch eine zweite geordert. Kai hat mir einen heißen Tee gebrüht, und mich direkt ins Bettchen verfrachtet.

Spaeter rief dann noch der Roomservice an und nahm unsere Bestellung fuer das Abendessen auf. Wir bestellen Fried Rice und Noodles mit Gemüse und zwei Kerala Paratha Brote. Zum essen sind wir aber runter ins Lokal gegangen.

Wirklich wieder ganz anders, diese indische Bergamosphäre. Ich muss aber gestehen, erkaeltungsbedingt freue ich mich schon wieder auf wärmere Gefilde.

Klaustrophobie im Königspalast

Als wir gestern morgen zum Frühstück kamen, hatten wir mal wieder Glueck, denn die Schulklassen vom Vorabend waren gerade fertig und der Raum leerte sich zügig. Das Büffet war abgegrast wie von einer Horde Heuschrecken. Wir bekamen aber ganz schnell einen Tisch gedeckt und ab dann wurde von allen Seiten Essen angebracht. Es gab Toast und Marmelade, Eier nach Wahl, sogar Müsli. Ich entschied mich jedoch fuer einen Masala Dosa, ein lokale Spezialität bestehend aus einem knusprig gebacken Pfannkuchen gefüllt mit einem Kartoffelcurry. Dazu gab es haufenweise frisches Obst und den schon bekannten stark gesüssten Kaffee.

Um 10 wurden wir wieder abgeholt und die erste Station sollte eigentlich der Chamundi Hill sein. Aber es war Samstag, das ganze Land schien auf den Beinen und wir endeten in einem dicken fetten Stau. Den konnte selbst unser Fahrer mit lautem Hupen und Fahren in zweiter Reihe nicht besiegen. So wurde entscheiden, dass das heute nichts wird mit dem heiligen Berg.

Danach wurden wir vor einem Wax Museum abgesetzt und sollten uns das anschauen. Ich glaube der Arme wollte uns eine Alternative bieten. Fuer zusammen umgerechnet 60 Cent gingen wir rein. Was dann folgte war ein wenig skurril, aber irgendwie auch ganz nett.

Da ich unterwegs auf die schoenen bunten Sarees in den Geschäften zeigte, wurden wir in eins der groessere Geschäfte geführt. Wir wurden sofort in Beschlag genommen und der Verkäufer hat mit sicherem Gespür meine leuchtenden Augen wahrgenommen. Denn in Windeseile wurden zahlreiche Stoffballen vor mir ausgerollt. Ich war quasi machtlos, als ich einwilligte, 3 Meter von dem gelben Stoff aus Baumwollseide zu kaufen. Da waren so süße kleine weiße Elefanten drauf ;-)

Der Fahrer bot uns an, uns den Mysore Zoo anzuschauen, aber da hatten wir eigentlich gar keine Lust drauf. So fuhren wir dann endlich zum grossen Königspalast, dem touristischen Highlight der Stadt.

Schon von weitem konnte man die Menschenmassen erahnen. Kai kaufte uns schnell zwei Tickets und wir quetschen uns mit all den anderen durch die ständig piepsende Bogentürsonde.

Am Palast angekommen mussten wir wie fast ueberall in Indien die Schuhe ausziehen. Bei zigtausenden von Besuchern war das streng organisiert. Wir wurden jedoch von weitem schon herangwunken und bekamen unsere Schuhe gegen ein kleines Trinkgeld direkt verwahrt. Ab dann reihten wir uns ein in die ca. 5-10 Menschen breite Schlange und wurden in das Labyrinth des Palastes gesaugt. Jetzt gab es kein zurueck mehr. Eilig konnte man Fotos knipsen und wenn man mal stehenblieb wurde man direkt mit der Trillerpfeife zum Weitergehen aufgefordert. Irgendwie machte aber jeder doch was er will und ich knipste in aller Ruhe ein Paar Bilder. Irgendwann ging es eine Treppe rauf und es wurde so eng, dass man immer mal wieder gegen die Wand gepresst wurde. Hier musste ich mich dann sehr beherrschen, um nicht in Panik zu geraten. Das war nicht so lustig. Oben angekommen wurde es aber endlich wieder etwas luftiger und ich wurde von einer Gruppe kichernder Damen um ein Foto mit ihnen gebeten. Das sollte mir nicht das letzte mal passieren. Lustig war das und es wurde gekichert und rumgealbert.

Nachdem wir endlich wieder draussen waren, haette ich den Boden küssen können. Derartige Menschenmassen habe ich noch nie erlebt. Wer in Europa unter dem Massentourismus stöhnt, sollte mal an einem Samstag Nachmittag den Königspalast in Mysore besuchen ;-)

Es macht aber unheimlich Spass die Menschen zu beobachten, vor allem die Frauen in ihren bunten Sarees sind einfach wunderschön anzuschauen. Die einzige Farbe, die man in den Stoffen gar nicht sieht ist grau ;-)

Wir fuhren wieder ins Hotel und ruhten uns ein bisschen aus. Denn am Abend um 7 wollte unser Fahrer noch mal eine Stadtrundfahrt mit uns machen. Denn in Mysore war Lichterfest (Dasara). Das findet einmal im Jahr statt und wie hatten Glueck, das wir genau zu dieser Zeit hier waren. Das erklärt vielleicht auch die Menschenmengen. Alles, wirklich alles war beleuchtet, wobei das Highlight der vollstaendig beleuchtete Palast war. Die Stadt platzte aus allen Nähten, es war sogar noch voller als am Tag. Unglaublich.

Wir wurden wieder am Hotel abgesetzt, entschieden uns aber noch mal fuer einen Abendspaziergang durch die Lichter der Stadt. Wir gingen ein bisschen shoppen und ich kaufte mir fuer die Hochzeit noch ein Fusskettchen und einen Zehenring.

Auf dem Rückweg landeten wir in einem im Hinterhof gelegenen schlichten Restaurant. Es war schon spät und die Speisekarte bestand aus einem Kassenbon mit allen Gerichten drauf. Ich entschied mich fuer ein Veg Curry und Chapati Brot. Das war mal wieder recht scharf, aber ich gewöhne mich daran. Für Kai kann es jedoch gar nicht scharf genug sein.

Zurück im Hotel kündigte sich dann das Unheil bereits an. Eine verdammte Erkältung machte sich bemerkbar mit Husten, starkem Frösteln und schmerzenden Gliedern. Was soll denn das nun wieder? Seit ueber drei Jahren hat es mich nicht mehr richtig erwischt und dann genau jetzt? Ich rolle genervt die Augen und schlucke eine Paracetamol gegen die Kopfschmerzen. Was willste machen?

Bangalore nach Mysore

Gegen halb drei am fruehen morgen (lokale Zeit) sind wir am Flughafen in Bangalore gelandet. Wir hatten Glueck, im Flieger waren scheinbar nur wenige nicht indische Staatsbürger und an den Einreiseschaltern fuer „foreigner“ war so gut wie nichts los. Dennoch dauerte natuerlich alles. Bis wir unser Gepäck bekamen und uns mit den Taxifahrern auf einen akzeptablen Tarif geeinigt hatten, war es schon halb 5, als wir endlich uns Bett durften.

Die Nacht war allerdings nur kurz. Denn schon um halb elf holte uns unser Fahrer ab und wir begannen die Fahrt durch den „belebten“ Stadtverkehr von Bangalore.

Ich bin wirklich froh, hier kein Auto fahren zu muessen. Es scheint irgendwie keine Regeln zu geben, wie in einem schnellem Computerspiel wand sich unser Fahrer zügig und in Schlangenlinien durch den dichten Verkehr. Eine Hand hatte er dabei immer an der Hupe.

Es machte jedoch sehr viel Spass, das geschehen von der Rückbank aus zu beobachten. Nachdem wir ca. 1 Stunde spaeter endlich aus dem dichtesten Verkehr draussen waren, machten wir einen kurzen Stop fuer ein spätes Frühstück. Es gab leckere frisch gebackene Dosas (eine Art Pfannkuchen) und Vada + Idli (diverse kleine Reiskuchen) mit scharfen Dips in kleinen Metallschälchen. Ein etwas anderes Frühstück, aber saulecker. Wir bekamen jeder noch einen Kaffee mit süsser Kondensmilch. Dieser schmeckt karamellig und fast sirupartig, man muss sich dran gewöhnen, wir fandens klasse.

Danach ging es auf die Autobahn und nach etwa einer weiteren Stunde erreichten wir das kleine Städtchen Shririrangapattana. Wäre gerne ausgestiegen, aber das war scheinbar nicht geplant. Dabei reihte sich ein Fotomotiv an das andere. Ueberall liefen Kühe mitten auf der Strasse oder standen wartend an der Bushaltestelle (es ist mir fast unerträglich, ein solches Motiv nicht mitnehmen zu können ;-)

Wir machten Halt an einer Anlage, bekamen Tickets gekauft und sahen schon von weitem einen kleinen Palast namens Daria Daulat Bagh. Von draussen dachte ich noch er sei eingeruestet, aber er war nur verhüllt, um das Innere vor der Sonne zu schützen.

Die ganzen Wände im Inneren waren mit Teakholz verkleidet und die vielen Details, Intarsien und Schnitzereien waren einfach wundervoll anzuschauen. Draussen liefen aufgeregt kleine Streifenhörnchen umher und jagten die Palastwände entlang.

Es gab noch ein paar weitere kurze Fotostops und gegen Nachmittag erreichten wir Mysore, the City of palaces. Mittlerweile war ich furchtbar müde, und so waren wir beide froh, unser Hotel fuer die naechsten beiden Nächte zu erreichen.

Im Zimmer angekommen, zog ich nur mein Nachthemd aus dem Koffer, schlug die Bettdecke zur Seite und warf mich auf die watteweiche Matratze. Was fuer eine Wohltat.

Am Abend sind wir noch ein bisschen alleine durch die Stadt geschlendert und haben Strasse queren geübt. Nichts für schwache Nerven, aber mit ein bisschen Übung klappt es ganz gut.

Wir fanden ein Restaurant mit der typischen Nicht-Atmosphäre und bestellten jeder ein (Veg) Byriani (Reisgericht mit Gemüse und leckeren Gewürzen). Zur guten Nacht gab es noch einen Kaffee in einem anderen Strassenlokal nebenan, bevor wir wieder zurück ins Hotel gelaufen sind.

Dort wummerte die Musik aus dem ersten Stock. Das ganze Hotel war mit indischen Schulklassen ausgebucht. Auweia. Dort wo die Musik herkam, steckten wir neugierig unsere Köpfe rein. Zu lauter indischer Partymusik wurde ausgelassen getanzt. Allerdings erstmal nur die Jungs. Die Mädchen seien später dran.

Wir wollten eigentlich schon wieder raus, als einer der Betreuer und einer der Jungs hinter uns herliefen, und uns, bzw. Kai anbettelten wieder rein zu kommen und mitzutanzen. Das tat er dann auch und ich durfte filmen. Ach Mensch, solche kleinen Momente liebe ich ja sehr auf Reisen. Die Menschen hier sind uns Fremden so aufgeschlossen. Davon koennte sich bei uns so mancher eine Scheibe abschneiden.

Grosse Erwartungen

Irgendwann im Frühsommer diesen Jahres erfuhren wir, dass es bald eine Hochzeit geben wird. Eine Hochzeit mit dem besonderen Etwas, denn diese soll in Indien stattfinden, genauergesagt im südindischen Tamil Nadu. Denn dort kommt der zukünftige Bräutigam her. Und wir sind eingeladen!

Seit ein paar Monaten steht auch der Termin im November fest, und so konnten wir alle mit der Planung beginnen. Macht natuerlich wenig Sinn, nur fuer ein paar Tage so weit weg zu fliegen, deswegen haben wir uns notgedrungen ;-) noch zu einer weiteren Urlaubsreise entschlossen. Wenns denn sein muss 🤣.

Dafuer musste ich sogar unbezahlten Urlaub nehmen, denn fuer dieses jahr war bereits alles verbraucht.

Die letzten Wochen waren gepraegt von einer unendlichen Vorfreude auf das grosse Ereignisse im fernen Indien. Unendliche Planungen folgten und sogar wir Gäste mussten einiges „abarbeiten“ 😂

Ich habe es schon ein paar mal gesagt, aber eine solche Vorfreude habe ich schon lange nicht mehr gehabt. Eine Hochzeit, eine Reise, ein unbekanntes Land, Freunde fernab der Heimat treffen … Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes verzaubert.

Heute morgen war es endlich soweit, pünktlich um halb Elf startete unser erster Flieger in Richtung Doha. Aus diesem tippe ich auch gerade diesen Beitrag. Ich habe mir fest vorgenommen, regelmäßig was zu schreiben, oder wenigstens Bilder zu posten. Mal sehen ob das klappt. Das Reiseschreiben ist zu einer so schoenen Routine geworden und ich freue mich auch Jahre danach noch immer, wenn ich eine Reise dadurch nochmal nachfühlen kann.

In Doha haben wir einen kurzen Aufenthalt und fliegen noch mal ein paar Stunden weiter nach Bangalore. Dort kommen wir mitten in der Nacht an. Wenn alles klappt, checken wir dann fuer ein kurzes Schlaefchen in einem Hotel in Flughafennähe ein.

Morgen vormittag werden wir von einem privaten Fahrer abgeholt, der uns in 4 Tagen ein bisschen was von diesem grossen Land zeigen wird. Wir sind soo gespannt. Am Dienstag erreichen wir dann die Hochzeitsstadt Coimbatore. Dort bleiben wir vor und während und nach den Feierlichkeiten. Zum Abschluss sind wir noch mal fuer eine Woche im Nachbarstaat Kerala.

Aber jetzt ganz gemächlich der Reihe nach. Let the fun begin :-)