Stets bemüht

Draußen regnet es in Strömen, wir sind mal wieder mit dem Auto unterwegs. Vor unserem nächsten Stop muss ich schnell noch alle Erlebnisse der letzten beiden Tage ordnungsgemäß wegsortieren, damit wieder Platz fuer neue Eindrücke ist.

Vorgestern haben wir uns Fahrräder ausgeliehen, eben jene mit elektromotorischer Unterstützung. In unserer Fattoria waren alle irgendwie leicht verpeilt. Man hatte uns ja schon vorher mehrfach gefragt, ob wir nicht mal die Räder ausleihen wollten. Wir hatten es extra am Vortag angekündigt. Als wir dann danach fragten, war man auf einmal leicht überfordert. Man öffnete die Garage, in dem die Bikes teilweise noch original verpackt waren … natuerlich nicht aufgeladen ;-)

Egal, geht ja schnell. Nach etwa einer Stunde konnten wir dann losfahren. Nicht ohne den Hinweis, am besten die Finger von den Knöpfe zu lassen, denn damit kenne man sich nicht aus. Wir grinsen ein wenig, denn ohne diese Knöpfe macht so ein E-Bike natuerlich wenig Sinn ;-)

Herr C. hatte ja zuvor gemutmasst, daß ich sicher auch so ein Fahrrad haben möchte, wenn ich es einmal ausprobiert habe. Was soll ich sagen. Er kennt mich wohl schon ein bisschen. Denn ich war schwer begeistert. Im Turbogang mit geringem Widerstand einfach so die steilsten Berge hochfahren. Treten muss man zwar trotzdem, aber es ist immer so, als wuerde man auf ebener Strecke fahren. Tolle Sache. Dennoch wuerde ich sagen, damit warten wir noch ein bisschen. Irgendwann könnte ich mir das schon vorstellen.

Abends im Restaurant gab es dann auch wieder etwas zum Schmunzeln. Ich muss sagen, die Leute sind alle unheimlich charmant und freundlich, aber wenn man so dasitzt und beobachtet, mit welch stoischer Ruhe jedes Glas einzeln durch den Raum getragen wird, dann kann einen das schon irgendwie ungeduldig werden lassen. Was soll’s, nach knapp einer dreiviertel Stunde wurde endlich unsere Bestellung aufgenommen und nur eine Viertelstunde spaeter gab es sogar schon etwas zu trinken ;-)

Mein Gatte ist ja bei sowas schrecklich geduldig und erstickt meine aufkeimende Ungeduld mit Humor. Er meinte, wenn er der Bedienung ein Zeugnis ausstellen müsste, dann wuerde er schreiben „sie war stets bemüht“. Da musste dann auch ich lachen und irgendwann kam dann auch das Essen in loser Folge und es war mal wieder sehr köstlich. Besonders sie Pasta ist wirklich ein Gedicht.

Danach sind wir noch runter ins Dorf gelaufen, denn da spielte eine richtige Big Band im Glenn Miller Style. Auf der Piazza standen die Stühle mit grossem Abstand verteilt und man lauschte maskiert dem wundervollen Swing der Blasinstrumente. Zusammen mit der lauen Abendluft war das wieder mal ganz zauberhaft.

Mitten ins Herz

Vorgestern sind wir von der Toskana weiter südlich nach Umbrien gefahren. Genauergesagt nach Castel Rigone, einem kleinen malerischen Bergdörfchen etwas oberhalb vom Trasimeno See gelegen. Unsere Unterkunft ist die Relais La Fattoria und wieder einmal hat Herr C. damit ins Schwarze getroffen.

Anfangs fremdelte ich zwar noch etwas mit der neuen Behausung. Denn die Weitläufigkeit in der Toskana gab es hier nicht mehr. Stattdessen ein im Ortskern eingebettener kleiner Palazzo, der seinen Charme gerade dadurch ausstrahlt, dass alles eher dicht bebaut ist. Aber nach einer Weile war das verschwunden und ich begann die neue Umgebung zu schätzen. Es gibt auch einen kleinen Pool und einen gigantischen Ausblick auf den See.

Gestern morgen sind wir nach einem sehr typischen italienischen Frühstück (Cornetto und Cappuccino) in ein kleines Örtchen namens Cortona gefahren. Ich hatte davon zuvor noch nie gehört. Es war so zauberhaft, ebenfalls am Hügel gelegen, konnte man unterhalb des Ortes parken und von dort in die engen Gassen eintauchen. Es war vormittags, und das bedeutete, dass es recht belebt war. Bars und Cafés waren geöffnet und auf dem Hauptplatz spielte ein Akkordeon, während ein Hochzeitspaar samt Fotograf gerade das Rathaus verließ. Wir setzten uns an einen schattigen Tisch am Rande der Piazza und beobachteten das bunte Treiben.

Spaetestens da fiel mir der Titel für diesen Beitrag ein. „Mitten ins Herz“ … es war einfach wundervoll.

Den Nachmittag verbrachten wir dann am Pool, nachdem wir feststellen mussten, dass der See an den Rändern eher ausgetrocknet war und nicht sehr zum Baden einlud.

Von unserem Balkon konnten wir später schon die rege Geschäftigkeit auf der kleinen Piazza vor dem Hotel beobachten. Ein DJ baute dort sein Equipment auf und die Tische wurden gedeckt. Wir haben hier Halbpension und das heisst, wir bekommen jeden Abend ein 3-Gänge-Menü bestehend aus Antipasti, Primo und Secondo, Dolce und Café nach Wahl.

Nachdem mir Herr C. noch eine Stelle im Dorf mit frisch geschlüpften Minikatzen gezeigt hat, begaben wir uns zum Abendessen. Es ist momentan wenig los und dennoch war am Nachbartisch eine kleine italienische Gesellschaft, die mehr und mehr zu den Italorhythmen des DJs in Tanzlaune geriet. Während also mein Gatte und ich uns eine Flasche Hauswein teilten, stieg die Stimmung am Nebentisch. Die Atmosphäre auf dem von Lichterketten geschmückten kleinen Platz war so bezaubernd. Mehr Italien geht wohl nicht.

Gegen halb elf wollten wir schlafen gehen. Unser Balkon grenzte allerdings direkt an den Platz und im Zimmer selbst wummerten die Bässe der lauten italienischen Popmusik. Uns blieb keine Wahl, wir gingen wieder runter, orderten noch ein Getränk und gesellten uns zum Tanz dazu. Sofort wurden wir freudig in die Runde aufgenommen und ab da war der Abend ein Selbstläufer. Ich versuchte mich sogar an einer sizilianischen Tarantella und bekam Anerkennung von den Italienern. So lustig war das. Wir prosteten uns mit Abstand zu und wäre da nicht gerade eine Pandemie, haetten wir uns wahrscheinlich zu den anderen gesellt und ich haette mit Händen und Füssen meine nur rudimentär vorhandenen italienisch Kenntnisse aufgebessert.

Es war ein toller Abend, den wir so schnell sicher nicht vergessen werden, in diesem besonderen Sommer 2020.

Ruhetag

Gestern war Ruhetag. Ordnungsgemäß bei der Reiseleitung beantragt, hatte ich uns einen Tag mit süssem Nichtstun verordnet. Da also ausser lesen, baden, schlafen, essen und stricken nichts weiter passiert ist, möchte ich die Chance nutzen, um mal über diese bisher wunderschöne Reise ganz allgemein zu plaudern.

Irgendwann während der Zeit des grossen Lockdowns in Deutschland hat Herr C. den Tip von einem Bekannten bekommen, dass es einen Anbieter gibt, der Unterkünfte auf Ebay anbietet. Es handelt sich dabei um ein Österreichischen Anbieter, dessen Geschäftsmodell es ist, diversen Hotels kostenlos Elektro Fahrräder und Autos zur Verfügung zu stellen, die diese dann wiederum kostenpflichtig an ihre Gäste vermieten können. Als Gegenleistung bekommt er von den Hotels Zimmerkontingente geschenkt, allerdings nur zu Zeiten, in denen diese Zimmer der Wahrscheinlichkeit eher nicht belegt wären. Hauptsaison also ausgeschlossen.

Als Kunde kann man diese nun entweder direkt auf der Seite des Veranstalters buchen, oder alternativ bei Ebay ersteigern. Zu meist sehr günstigen Preisen.

Auf diese Weise hat uns Herr C. Eine richtige Reise zusammengestellt, er hat insgesamt 5 verschiedene Unterkünfte für die Schweiz und Italien ersteigert.

Ein Risiko geht man beim Steigern eigentlich nicht ein, man erhält einen Gutschein, der dann 3 Jahre gültig ist. Mit diesem bucht man dann direkt beim jeweiligen Hotel. Sollte etwas nicht passen, hat man ein 4-wöchiges Rückgaberecht.

Das schöne daran ist, dass man auf diese Weise an Orte kommt, die man sonst vielleicht niemals gesucht hätte. Wie zum Beispiel unsere letzte Unterkunft. Die Fattoria degli Usignoli. Ein altes Gehöft, das früher von Mönchen genutzt wurde, um dort Landwirtschaft und Weinbau zu betreiben. Jetzt wird es nur noch zum Ferien machen genutzt. Es erinnerte mich immer ein bisschen an das Ambiente aus „Dirty Dancing“… Das tollste aber war unser riesiges Zimmer mit Terrasse und direktem Zugang zum grossen Pool. Das haben wir sehr genossen.

Leider mussten wir uns heute morgen dort schon wieder verabschieden und sind weiter im Süden gelandet. Wo wir genau sind, und ob es uns da auch gefällt, davon erzähle ich im nächsten Beitrag :-)

San Gimignano

Als ich das Ambiente in unserer Unterkunft das erst mal sah, konnte ich mich direkt faul auf einem Liegestuhl visualisieren. Und das den ganzen Tag.

Beim Frühstück hatte mein Mann dann jedoch wieder dieses Funkeln in den Augen. Es wäre ja nur ein Vorschlag sagte er, als er eine Karte der Umgebung zwischen Cappuccino und Gebäck ausbreitete. Florenz haben wir schon gestrichen, viel zu kompliziert mit dem Auto und definitiv zu heiss fuer einen Städtetrip dieser Art. Er schlug einen Besuch in San Gimignano vor. In knapp einer Stunde zu erreichen, kleines Städtchen, bisschen Bummeln, Eis essen (er kennt mich eben schon recht gut ;-) und am Nachmittag sind wir rechtzeitig zum Poolbad wieder zurück.

Also fuhren wir los, aber nicht die direkte Strecke ueber die Autostrada, sondern langsam und gemächlich durch die sanfte Hügellandschaft der Toskana. Die Fahrt hat dadurch eher 2 Stunden gedauert, aber das hat sich gelohnt. Weinberge so weit das Auge reicht. Diese hingen voll mit roten Trauben, aus denen unter anderem der berühmte Chianti entstehen möchte. Dazwischen erdfarbene Steinhäuser und die üblichen Zypressen, die einfach jedem Foto das gewisse Etwas verleihen.

Am Rande der Altstadt fanden wir ruckzuck einen Parkplatz, und konnten direkt durch eins der Tore in die malerische Altstadt eintauchen. Es war gut besucht, aber sicher weit entfernt vom üblichen Gewimmel der Touristen aus aller Welt. San Gimignano ist wunderschön und sehr gut erhalten. Immerhin zählt die Stadt, die wegen ihrer zahlreichen Türme auch das Manhattan der Toskana genannt wird, zum UNESCO Weltkulturerbe. Das verwundert nicht. Es ist wie ein grosses Freiluftmuseum und da zeigt sich leider auch wieder, was die Folge vom Massentourismus ist. Überall reihen sich die Läden mit den billigen Souvenirs aneinander, dazwischen Ledertaschen und Töpferwaren über deren Herkunft ich nur spekulieren kann. Seis drum. Es war ein wunderschöner kleiner Ausflug und die Stadt ist unbedingt sehenswert.

Nicht ganz wie geplant, waren wir erst um 6 Uhr abends wieder zurück. Trotzdem noch Zeit fuer ein Bad und einen Aperitif vor dem Abendessen.

Italia, ti amo ❤️

Diese Reise wird von Tag zu Tag besser. Wir genießen diese intensiven Momente ganz besonders. Vielleicht liegt es an den besonderen Umständen in diesem speziellen Jahr … vielleicht daran, dass wir es ganz besonders zu schätzen wissen, welches Privileg das Reisen ist. Natürlich sind wir hier auch immer über aktuelle Entwicklungen informiert. Es kann schließlich sein, daß von heute auf morgen eine Reisewarnung der Bundesregierung ausgesprochen wird. Aber wie wuerde meine Therapeutin sagen: also Frau C…. und warum machen sie sich jetzt ueber ungelegte Eier Gedanken? Gute Frage eigentlich. Ich höre jetzt mal auf damit.

Heute morgen habe ich noch mal mein komplettes Gepaeck umorganisiert. Leichtes Gepaeck fuer unterwegs und die dicken Sachen kamen in den Kofferraum. Gegen 11 waren wir schließlich wieder abfahrbereit. Vorbei ging es an Bologna in Richtung Florenz, ich freue mich auf die Toskana. So viel darueber gehört und eigentlich, bis aus zweimal Florenz, noch nie so richtig dagewesen.

Herr C. hatte uns eine Unterkunft südlich der grossen Stadt gebucht und wir unkten noch, ob das hotel wohl dieses Mal geöffnet hat. Wir fuhren von der Autobahn ab, auf immer kleiner werdende Nebenstraßen. Kurvig schlängelte es sich malerisch an Olivenhainen vorbei und die klischeehaften Zypressen erschienen zwischen den Hügeln. So wunderschön.

Wir erreichten schließlich unser Ziel, weitab vom Schuss. Die Fattoria degli Ursignoli hat sich auf einem ganz besonderen Fleckchen Erde ausgebreitet. Großzügig verteilen sich einzelne Steinhäuser und zwei grosse Swimming Pools inmitten grosser Zypressen. Dazu ein atemberaubender Blick mit Sonnenuntergangsgarantie ueber die weitläufige Landschaft. Absolut gigantisch und ein echter „kneifmichmal“ Moment. Unser grosses Zimmer hat eine schöne Terrasse und liegt in Spuckweite vom Pool. Hier will ich nicht mehr weg. Nie wieder ;¬)

Dort verbrachten wir dann auch den gesamten Nachmittag. Stricken oder lesend, mal kurz planschen. Absolute Ruhe und Entspannung. Jetzt fängt der Urlaub so richtig an.

Eben gerade kommen wir vom Essen zurück. Wir saßen gemütlich in einem kleinen Lokal mit fantastischer Terrasse und labten uns an leckerer Pasta und hausgemachtem Tiramisu. Während ich jetzt diese Zeilen schreibe, sitze ich total entspannt auf der Terrasse und höre in der Ferne ein Mischung auf italienischen Sprachfetzen und zirpenden Grillen. Und über uns der grosse Wagen … Seufz.

Coronasommer

In Italien hat man schon das Gefühl, dass der Umgang mit dem Virus hier wesentlich besonnener ist als in der Schweiz. Hier läuft ohne Maske gar nichts. Im Hotel sowieso nicht. Am Pool muss man einen Termin fuer eine Stunde am Tag machen, dafür ist es dann aber auch nicht voll. Beim Frühstück heisst es Schlange stehen, da auch hier nur begrenzt Leute rein duerfen. Das sonst übliche Buffet gibt es auch nicht. Mir soll es recht sein. Ansonsten sind wir sowieso nur alleine unterwegs und im Freien.

Gestern haben wir uns Parma noch etwas näher angesehen. Am Hotel konnte man kostenlos Fahrräder leihen und so radelten wir nach dem Frühstück zum Morgencappucino ins Zentrum. Es war heiss. Sehr sehr heiss. Eigentlich überhaupt kein Wetter fuer eine Stadtbesichtigung. Aber was willste machen?

Auf dem lokalen Markt habe ich ein leichtes luftiges Sommerkleidchen erstanden. Das ziehe ich jetzt fuer den Rest des Urlaubs nicht mehr aus. Wieso habe ich eigentlich schon wieder so viel Gepäck dabei?

Nachmittags nutzten wir unser Zeitfensterchen von einer Stunde zum Schwimmen und abkühlen.

Trotz der Gluthitze sind wir am Abend wieder in die Stadt gefahren. Es stand ja immer noch die erste italienische Pizza auf dem Programm. Einen Aperitif spaeter wurden wir auf der grossen Piazza Garibaldi fündig. Ich schaute noch nicht mal nach Bewertungen der Restaurants, denn ich war sicher, eine Pizza kann man nicht verhauen.

Wir bekamen einen Platz in einer Art offenem Zelt, überdacht und mit flirrenden Deckenventilatoren. Doch die Luft stand und mir zog es mal kurz den Boden unter den Füssen weg. Wenn man mal so an seine Panikattacken gewöhnt ist, dann kann man sich auch jedes mal wieder toll reinsteigern. Dennoch gelingt es mir auch immer besser, das ganze wegzuatmen ;-) So isses. Ein bisschen Drama muss wohl sein. Wir konnten den Tisch noch wechseln und saßen dann mitten auf der Piazza bei leichter Brise. Es war herrlich und der Hunger kam zurueck. Und wie ich eingangs vermutete, die Pizza war ein absolutes Gedicht. Dass im Anschluss noch ein Gelato (due gusti) folgte, sollte der Vollständigkeit halber auch nicht unerwähnt bleiben.

P (iacenz) arma

Gestern morgen konnten wir noch ein letztes Frühstück auf dem Berg genießen, draußen auf der großen Terrasse bei Sonnenschein und kühlen 18 Grad. Das war herrlich.

Danach verabschiedeten wir uns von der schönen Unterkunft und hievten unser Gepäck hoch zur Gondel, die uns dann sanft wieder ins Tal schaukelte.

Wir begrüßten unser Auto, welches in den letzten vier Tagen gut geschützt in einer Tiefgarage verbracht hat. Die anschließende Fahrt ging über den Simplon Pass direkt nach Bella Italia. Irgendwann wurden die Berge weniger, wir umkreisten Mailand auf der Tangenziale Ovest und erreichten nach etwa 4 Stunden unser nächstes Ziel Piacenza.

Dank Waze wurden wir ohne Umwege direkt zu unserem gebuchten Hotel gelenkt. Und dann passierte folgendes:

Der Hoteleingang war mit einer Gittertür verschlossen und mit einem Vorhängeschloss gesichert. Die Rollläden waren heruntergelassen und die Einfahrt zur Garage versperrt. Vor der Tür informierte das Hotel seine Gäste höflich darüber, dass man noch bis zum 24.8. Ferien mache. Herr C. war not amused.

Wir hatten ja einen bestätigten Ausdruck, auf dem sich auch eine Telefonnummer befand. Dort rief er dann an und man war untröstlich. Ein Buchungsfehler. Man bot uns einen Hotelgutschein an, oder alternativ die Übernachtung in einem Partner Hotel im ca. 60km entfernt gelegenen Parma.

Soll mir recht sein, ich hatte mich mit Piacenza bisher noch nicht weiter beschäftigt und ein schneller Check im Netz verriet, dass auch Parma eine sehr schöne Stadt sein soll und als Epizentrum des guten italienischen Essens gelten soll. Parmaschinken und Parmesan … was soll man noch sagen.

Eine dreiviertel Stunde spaeter kamen wir im Best Western Plus Hotel Farnese etwas ausserhalb des historischen Zentrums an. Herr C. war wieder ganz milde gestimmt. Das Hotel hat sogar einen Pool. Bei 35 Grad Aussentemperatur nicht zu verachten.

Nach einem erfrischenden Bad sind wir zu Fuß in die etwa 2km entfernte Altstadt gelaufen. Wir hatten nicht erwartet, dass eine italienische Innenstadt an einem Freitag Abend so leer sein könnte. Wir bekamen sogar leichte Panik, weil irgendwie alles zu war. Es ist eben Ferienzeit in Italien, rund um den Ferragosto machen wohl fast alle Urlaub. Zahlreiche Bars, Restaurants und Geschäfte waren verschlossen. Das, zusammen mit den ausbleibenden Touristen, machte einen fast gespentischen Eindruck.

Beim weiteren Bummel stellte sich aber heraus, dass doch einiges geöffnet war. Schnell fanden wir ein freies Plätzchen und orderten einen verdammt gut gemixten Aperol Spritz. Das schöne in Italien ist außerdem, dass man fast überall zum Aperitif ein paar Häppchen bekommt. Es gab Parmaschinken und Brot, war das lecker. Nach dem zweiten Apero hatte ich dann auch gepflegt einen sitzen.

Eigentlich wollten wir danach Pizza essen gehen, fanden aber nur wenige geöffnete Lokale und entschieden uns für ein Ristorante ohne den italienischen Klassiker. Es gab leckerste Spaghetti Ricotta, Basilico e pomodoro für mich und für Herrn C. äusserst schmackhafte Costolette di Agnello con crosta di Pistacchii. Danach noch einen zähflüssigen Espresso als krönenden Abschluss.

Auf der Heimfahrt mjt dem Taxi erzählte uns die Fahrerin, dass nach diesem Wochenende alle wieder aus den Ferien zurück sind. Das ist schön, denn wir bleiben ja noch ein Weilchen.

Aletschgletscher

Der heutige Tag hatte es in sich. Nachdem wir gestern eher gemütlich unterwegs waren, wurde heute nochmal etwas gewandert.

Gegen 10 verließen wir die Hamilton Lodge in westliche Richtung. Geplant war, die grosse Hängebrücke zu besichtigen. Eine kurze Recherche bei der Wanderapp Komoot ergab, das es sich um eine schwere Wanderung handelt, die eine gute Grundkondition erfordert. Ach, was die wieder schreiben, die übertreiben ja immer ein bisschen. Glaubte ich.

Vorbei am Belalp Hotel trafen wir auf eine große Schaar possierlicher Ziegen. Viele davon schwarz-weiß, die scheinen typisch für diese Gegend zu sein. Es gab noch einen absolut atemberaubenden und faszinierenden Ausblick auf den grossen Gletscher.

Ab dann ging es bergab, krass und heftig. Der Weg war schmal und sehr steinig. Das meinen sie also, wenn sie schrieben, der Weg erfordert Trittsicherheit. Dennoch, die Neugier war größer und wir stiegen immer weiter hinab. Herr C. wollte meinen Enthusiasmus immer wieder bremsen, denn man muss ja auch alles wieder hochlaufen. Aber wir waren doch schon soooo kurz davor.

So jammerte und bettelte ich, und versprach auch nur wenig zu meckern, wenn es später wieder bergauf geht. Aber irgendwann wurde es immer steiniger und wir sahen die Brücke von oben. Es sollten immer noch mehr als 100 Höhenmeter sein.

Die Vernunft siegte, und wir beschlossen, meine Kräfte zu schonen und wieder umzukehren. So machten wir eine kurze Rast mit Blick auf das Tor des Aletschgletschers. Herr C. stopfte zur Stärkung gleich zwei von diesen Fruchtriegeln in meinen Mund und ich spuelte alles mit klarem Gebirgswasser runter.

Los ging der Aufstieg. Und ich muss sagen, ich habe gekämpft. Keuchend staksten wir im absoluten Schneckentempo den steinigen Pfad wieder hinauf. Mit ein paar kleineren Pausen, viel frischem Wasser und einem eisernen Willen erreichten wir schließlich nach ca. 2,5 Stunden und ca. 400 Höhenmetern wieder den Einstiegspunkt hoch oben bei der Kirche. Gemein übrigens, dass man diese stecknadelkopfgross bereits vom Tal her die ganze Zeit sehen konnte.

Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich schon lange nicht mehr so geschnauft habe. Selbst im letzten Jahr empfand ich keine der Touren bei der Alpenüberquerung so anstrengend wie die heutige. So ist es eben, wenn man keinerlei Kondition mehr hat.

Jetzt im Moment fühlt es sich aber einfach toll an. Die Gedanken sind klar und der Körper ist erschöpft, aber auf eine gute Art. Das macht glücklich. Einfach so.

Ärger im Paradies

Morgens wurden wir wieder geweckt vom aufgeregten Fiepen der Murmeltiere. Es klingt ein bisschen wie ein Rauchmelder, furchtbar laut jedenfalls. Ein Blick nach draussen zeigte den Grund der Aufregung. Mitten durch die Murmeltierwiese lief ein grosser weisser Hund und steckte neugierig seine Schnauze in die Höhleneingänge der Erdbewohner.

Zum Glück wurde er direkt wieder reingerufen und verschwand in einem der Hotelzimmer. Die armen Murmeltiere waren in echter Panik.

Ganz so aufregend war unser Tag gestern nicht, dafür umso entspannter.

Wir fuhren die Seilbahn nach Blatten hinunter und wollten uns dort den historischen Ortskern etwas näher anschauen. Überall im Tal konnte man schon die oft sehr gut erhaltenen und liebevoll restaurierten Holzhäuser sehen. Teilweise sind diese auf Holzpfählen und grossen Steinscheiben aufgebockt. Das machte man wohl früher so, um Mäuse daran zu hindern, die Wintervorräte aufzufuttern.

Später am Abend haben wir uns dann noch ein zünftiges Schweizer Käsefondue gegönnt. Ich bin eigentlich nicht so ein Fan, aber Herr C. liebt es sehr. Und weil man mindestens zu zweit sein muss und ich ihn auch sehr liebe habe ich mich geopfert ;-)